Archiv 2014
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitglieder,
liebe Freunde der Turmhügelburg,
das hätten wir alle in unseren kühnsten Träumen nicht zu hoffen gewagt. Nie hätten wir gedacht, dass wir so schnell so viel Hilfe durch Geld- und Sachspenden erhalten würden. Nun können wir einen Großteil der uns gestohlenen Geräte in Bälde ersetzen. Vielen herzlichen Dank an alle, die uns so großartig geholfen haben. Unser Dank gilt natürlich auch der Presse und dem NDR, die unseren Aufruf bereitwillig verbreitet haben.
Anlass des Spendenaufrufs des "Museums Turmhügelburg Lütjenburg" war ja bekanntlich der schwere Einbruchsdiebstahl an der Burg vor wenigen Wochen (die Medien haben darüber berichtet). Damals hatten vermutlich professionelle Einbrecher mit Hilfe von Spezialgeräten die Burgwerkstatt aufgebrochen und nahezu den gesamten Maschinenpark der Burg gestohlen. Ohne diese Geräte wäre eine Instandhaltung der Burg und ihrer Anlagen nicht mehr möglich gewesen. Die Bitte des Vereins um Spenden zur Wiederbeschaffung der Maschinen ist dank der überwältigenden Unterstützung durch fast ausschließlich private Spender zu einem vollen Erfolg für die Turmhügelburg geworden. Wir haben viele große, aber auch eine Vielzahl kleine Geldspenden sowie zahlreiche Sachspenden bekommen, aber auch interessante Ideen und Pläne erhalten, wie der Verlust durch Aktivitäten ersetzt werden könnte, Wir wissen aber auch, dass sich viele Spenderinnen und Spender Geld "abgezwackt" haben, nur um "ihrer Burg" zu helfen. Dafür wirklich ein von Herzen kommendes "Danke"!!
Erstaunt waren wir auch von den bundesweit laufenden ermutigenden Diskussionen und Kommentaren innerhalb der Mittelaltergruppen , –foren und sozialen Netzwerken. Zusammen mit den Spenden, den Ideen und Anregungen macht diese Unterstützung uns deutlich, dass das "Museum Turmhügelburg Lütjenburg" sowohl bei den Bürgerinnen und Bürgern Lütjenburgs und des Umlandes, den Touristen und vor allem aber auch den Mittelaltergruppen deutschlandweit einen hohen Stellenwert genießt. Das spornt uns alle natürlich an, dieses für das Geschichtsverständnis und für die Touristik der Region bedeutsame Mittelaltererlebnisprojekt weiterzuführen – belohnt es doch unsere bisherige Arbeit.
Bevor wir jedoch neue Geräte kaufen, werden wir zuerst noch weitere Mittel einsetzen müssen, um Sicherheitstechnik der Burg (Schließsysteme und Alarmmaßnahmen) zu optimieren, um so vielleicht Einbrüche auch mit krimineller Hightech zu verhindern. Darüber hinaus werden wir weitere Gelder für einen Versicherungsschutz beschaffen müssen - auch, wenn es teuer wird. Das sind wir unseren Spendern einfach schuldig, denen unser tiefer Dank und Respekt gilt.
Wir haben am 03. Dezember übrigens die Mitteilung erhalten, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt hat, weitere Ermittlungen versprächen zurzeit keinen Erfolg……
Derzeit machen wir unsere Burg "winterfest", der Turm ist bereits "zu", das Backhaus wird in den nächsten Tagen "abgeschottet". Es folgt dann hoffentlich eine kleine Ruhephase, schließlich haben wir ja im Laufe des vergangenen Jahres auch einiges geschafft und geschaffen.
Das bedeutet allerdings nicht, dass der Vorstand in den Winterschlaf fällt und untätig ist; Wir planen das kommende Jahr gründlich durch – sowohl finanziell als auch organisatorisch, kalkulieren die Einstellung/Bezahlung von "Mini-Jobbern" durch (1 € - Jobs gibt es voraussichtlich 2015 nicht mehr!), es werden Planungen für Palisadenbau und kleinere Arbeiten an den Häusern betrieben, ein neuer Schlachter gesucht und natürlich schreiten auch die Gespräche und Planungen für den geplanten Museumsbau voran. Hier wird der Verein aber erst mal noch tüchtig Geld einwerben müssen, ehe es an die Realisierung geht…
Mit diesen Zeilen möchte sich der Vorstand gleichzeitig bei Ihnen allen, die uns so eifrig die Treue gehalten haben, bedanken – bitte, unterstützen Sie auch weiterhin unsere Arbeit! Nur gemeinsam sind wir stark und können unser Mittelalter-Museum mit Leben füllen und für die Zukunft ausrichten Mir bleibt nur noch, Ihnen allen eine geruhsame, besinnliche Adventszeit, ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Start in ein hoffentlich friedliches, glückliches und vor allem gesundes Neues Jahr 2015 zu wünschen.
Ganz herzliche Grüße!
Hartmut Eller
01. Dezember 2014, Ostholsteiner Zeitung, Text und Fotos Orly Röhlk
Gruppe aus Sellin verschwand 14 Tage im Wald und stellte Holzkohle her - Verwendung in der Turmhügelburg
Eine Tonne Selliner Heide-Kohle gegen zwölf handgeschmiedete Messer: Es war ein wahrhaft zünftiger Handel unter Männern, der am Wochenende auf dem Gelände der Turmhügelburg in Lütjenburg vollzogen wurde.
Aus Anlass des mittelalterlichen Adventsmarktes lieferten zwölf Männer aus Sellin unter Leitung von Oberköhler Hans Gerd Poewe die Säcke mit selbst hergestellter Holzkohle dort ab. Sehr zur Freude von Hartmut Eller alias Eberhard Burggraf von Bodendiek, Vorsitzender des Turmhügelburgvereins mit 430 Mitgliedern. Er hatte im September den KN-Artikel über den Selbstversuch der Selliner gelesen, die das alte Köhlerhandwerk wieder aufleben ließen und 14 Raummeter Buchenholz während einer 14-tägigen Waldfreizeit in der Selliner Heide verarbeiteten. Damals wussten sie noch nicht, was mit der Kohle geschehen sollte.
"Ich rief bei Hans Gerd Poewe an, dass wir Interesse an der Kohle haben, um bei Veranstaltungen die Schmiede anzuheizen", erzählte Eller. Gute Holzkohle sei sehr teuer und etwas anderes als Grillkohle, und sie herzustellen eine "Wahnsinnsarbeit". Er wisse um die aufwendige Herstellung dieser qualitativ hochwertigen Kohle, da der Verein zwei Mal einen Kohlemeiler auf dem Gelände gehabt habe, der bis zu zehn Tagen brannte und ständig beobachtet werden musste.
Am Himmelfahrtstag sei die Idee entstanden, erinnerte sich Poewe bei der Übergabe: "Wir wollten etwas Sinnvolles machen, aber ich habe mich gefragt, ob wir es schaffen, uns noch zu mögen, wenn wir 14 Tage im Wald hausen", schmunzelte er mit Blick auf die bunte Truppe. Es dauerte ein Jahr von der Idee bis zur Umsetzung. Als das Holz geschlagen war, zogen die Männer auf die Heide hinaus und bauten dort ihr Lager auf. Der Meiler war der Mittelpunkt, und man stellte sich der Herausforderung, ein uraltes Handwerk auszuprobieren. Da lag es nahe, nicht Geld für die Ware zu erbitten, sondern ebenfalls etwas Handwerkliches: Handgeschmiedete Messer sollten es sein.
Die gab Eller bei Kurt Lange aus Bredeneek in Auftrag und ließ jeweils das Wort Heideköhler eingravieren. Lange ist Kunstschmied und arbeitet in seiner Werkstatt häufig für den Verein, fertigt Türbeschläge und Schlösser und sei derzeit mit den Beschlägen eines Opferstocks befasst. Für die Selliner Heideköhler war das Erlebnis eine bleibende Erfahrung. "Wir werden es aber nie wieder machen, weil es so schön war", ist sich Poewe sicher.
Redaktion/Text: inpuncto werbung Lütjenburg / hein´s magazin, Petra Gramkow
EINE ANSCHAULICHE UND UNTERHALTSAME REISE IN EINE LÄNGST VERGANGENE ZEIT.
"Manchmal fragt man sich, ob die Leute hier überhaupt wissen, was sie in dieser Anlage für einen besonderen Schatz der Geschichte haben. Jeder sollte unbedingt einmal hier gewesen sein" Ein Sommergast aus Neustadt in der Pfalz steht neben uns am Ausguck der Turmhügelburg und sprüht über vor Begeisterung.
Es ist aber auch wirklich ein beeindruckendes Bild, wenn man den Blick von hoch oben über das 4 ha große Areal mit der authentischen Rekonstruktion einer hochmittelalterlichen Burganlage um 1250 n.Chr. schweifen lässt. Das Terrain passt sich wunderbar in die eiszeitliche Stauchmoränenlandschaft ein, ganz so, als hätte diese Niederungsburg hier schon vor hunderten von Jahren einem Ritter und seinem Gesinde Lebensraum und Schutz geboten. Aber weit gefehlt, denn dieses schleswig-holsteinische Kleinod mit anfänglich einem Einzelgebäude, nämlich der Burg mit der Brücke über den Burggraben, ist erst im Jahre 2002 eröffnet worden.
Quellen für die Erstellung der einzelnen Gebäude waren seit Anfang an die Ausgrabungsergebnisse der Archäologen. Aber auch heute noch in unserem Lande vorhandene Gebäude aus dem späten Mittelalter gaben Auskunft über die Bautechnik. Die Planungen wurden seit Beginn vom Archäologischen Landesamt begleitet. Es war stets das Bestreben des Planers, den Bau der Gebäude und auch die Lage zueinander so authentisch wie möglich zu gestalten.
Im Mittelalter gab es bei uns viele Burgen dieses Typs, welche niedrigadelige Ritter zum Schutz ihres Besitzes bauten. Es waren die Vorgänger der heutigen adeligen Güter mit den Herrenhäusern. Seit 3 Jahren ist die Burganlage ein offi¬ziell vom Kultusministerium anerkanntes Museum.
Die anschauliche und unterhaltsame Reise ins Mittelalter beginnt schon bei der Anfahrt. Linker Hand, nahe der L165 zwischen Lütjenburg und Darry gelegen, tut sich ein wahrlich imposantes Bild auf. Die in ein Tal geschmiegten hölzernen und steinernen Gebäude laden den Be¬trachter zu einem Besuch in ein anderes Zeitalter ein. Lässt man seiner Fantasie freien Lauf, taucht man ein in eine Mär¬chenwelt der Ritter, Burgfräulein und Sagengestalten. Besonders dann, wenn des Morgens alles von einem feinen Nebel umgeben ist, meint man aus der Entfernung die Rufe der Burgbewoh¬ner, die Geräusche ihres Tagewerkes, die Laute des Viehs und das Bellen der Hofhunde zu hören. Beinahe sieht man Rauchwölkchen aus den Windaugen aufsteigen und riecht das frisch geba¬ckene Brot.
Tritt man durch das Torhaus ein, findet man original nachgebaut alles, was die Menschen seinerzeit zum Leben und Überleben brauchten und als zweck¬mäßig ansahen: Ein Wohn- und Stall¬gebäude des Gesindes und des Viehs (man muss sich wundern wie tapfer die Bewohner die manchmal starke Rauchentwicklung ausgehalten haben), das Wohnhaus des Ritters, den Brunnen mit Frischwasseranlage, Wirtschaftsgebäude, Schmiede mit überdachtem Vorbau, Getreidespeicher, Backhaus mit Lehmbackofen, Bienenhaus, Burgschänke, Kapelle, Kräuter- und Gemüsegarten, Brücken, sowie ein weitläufiger Turnierplatz mit Reitbahn.
Als Schutz vor Feinden natürlich die von einem Wassergraben umgebene Fluchtburg auf einem fast uneinnehmbaren Hügel (Motte). (Ein moderner Sanitärbereich mit Toiletten, Duschen und Babywickeltisch ist ebenfalls vorhanden. Das kommt der mittelalterlichen Freilufttoilette oder dem Plumpsklo von damals zwar nicht nahe, ist aber der Bequemlichkeit und Hygiene der heutigen Zeit angepasst).
Das Mittelalter fasziniert viele Menschen. Zu erkennen ist das an der großen Besucherzahl von zwischen 40.000 bis 60.000 Personen im Jahr und an der hohen Mitgliederzahl. Der Burgherr Eberhard von Bodendiek (mit richtigen Namen Hartmut Eller) zählt zurzeit 410 Frauen und Männer zu den Vereinsmitgliedern und etwa 20 "Mittelalterliche" zu seinem Gesinde ("Bodendieks Gesinde") auf dem Hof. Mit Spaß und viel Freude setzen sie sich für ihre Turmhügelburg ein. Viele (er)leben ihre Burg (bis hin zur Unterwäsche) in authentischer Gewandung (wir sprechen aus Erfahrung, denn man hat es uns beim letzten "Lütjenburger Aufbruch" detailliert gezeigt). Auch eine Gruppe von inzwischen 12 Reitern übt sich im Kampf vom Pferd als "Bodendieks Schildknappen" und zeigt ihr Können bei den Lagern.
Das gesamte Jahr hindurch gibt es eine Menge zu sehen und zu erleben. Die Turmhügelburg ist wahrhaft ein lebendiges Museum, denn viele Veranstaltungen füllen die Anlage fast in jedem Monat mit Leben. Dazu gehören jährlich mindestens 300 Führungen, bei welchen zehn unterschiedliche Damen und Herren ihr Wissen um das Mittelalter preisgeben. Auch gibt es gut besuchte Meisterschaften im Steinschleudern. Oder der Burgherr ruft Groß und Klein herbei zu erlebnisreichen Mittelalterfesten mit Handwerkskunst, Schaukämpfen, Falknern, Reitern und Puppenspiel. Musikgruppen spielen zum Tanz auf und Händler halten ihre Waren feil. (Unser Tipp: Ganz besonders lecker ist das im Lehmbackofen frisch gebackene "Burg-Brot").
Gruppen aus Nah und Fern melden sich das gesamte Jahr hindurch zu "Burgbelebungen" wie Mittelalter-, Wikinger- und sogar Römertreffen an. Sie übernachten dabei in Zelten oder in den festen Häusern. Einmal wollten wir unseren Augen nicht trauen, als wir eine römische Kohorte in voller Ausrüstung, Montur und Römersandalen auf dem Fahrradweg nach Lütjenburg marschieren sahen. Auch in der Stadt sorgen die Männer, Frauen und Kinder als Mitwirkende dieser Veranstaltungen für Aufsehen, lassen sie es sich doch nicht nehmen, oft in originalgetreuer Gewandung ihren Einkauf zu erledigen.
Auf dem Gelände der Turmhügelburg wird das Mittelalter nicht nur gezeigt, sondern "gelebt". Alle Akteure fühlen sich dieser Zeit sehr verbunden und möchten sich dem damaligen Leben möglichst echt annähern. Hier können sie Urlaub von der Neuzeit machen. Dabei dreht es sich nicht nur um die adelige Gesellschaft, um Haudegen und Ritterkämpfe. Hier geht es in großem Maße auch um die "normalen" Menschen aller Gesellschaftsschichten mit all ihren Lebensumständen, Bedürfnissen, Arbeiten, Anstrengungen und Entbehrungen, die es im Mittelalter nun einmal gab. Die Burg ist besonders für die Kinder und Jugendlichen der Gruppen ein großes Abenteuer. Hauptanliegen ist jedoch, in der Burg mit Vorburg das tägliche Leben hautnah nachzuempfinden. Dabei gehen die Mitglieder der unterschiedlichen Gruppen so weit, dass sie ihre Kleidung, ihr Handwerkszeug, ihr Geschirr und ihre Einrichtungsgegenstände zumeist selber herstellen. Sogar nach altüberlieferten Rezepten wird gekocht. Natürlich wurde im Mittelalter auch ans Feiern und an Vergnügungen gedacht. So versetzte kürzlich der mehrfach preisgekrönte Minnesänger Holger Schäfer über hundert Zuhörer bei Kerzenschein und Öllampen in höfische, romantisch mittelalterliche Liebeswonnen. Auch die wunderbaren adventlichen Andachten in der Burg sind legendär. Authentische Gewandungen und Gerätschaften gehören immer mit dazu. Denkt man sich die nach heutiger Zeit gekleideten Zuschauer weg, hat man wirklich den Eindruck, sich direkt im mittelalterlichen Geschehen wiederzufinden.
Der Herbst und Winter wird von der Gesellschaft der Freunde der mittelalterlichen Turmhügelburg Lütjenburg e.V. zum Großteil zu Reparatur-, Instandsetzungsarbeiten und Neubauten der Anlage genutzt. Auch werden vermehrt Kontakte zu Mittelaltergruppen gepflegt und es werden Führungen durch die Anlage vorgenommen.
Den Zeiteinsatz kann man für diese rein ehrenamtlichen Tätigkeiten nicht genau ermitteln, doch durchschnittlich ist jeder wohl ca. dreißig Stunden in der Woche mit seinem Hobby beschäftigt.
Das Team um den ruhelosen Ersten Vorsitzenden Hartmut Eller (Pensionär) ist stets mit viel Enthusiasmus und Begeisterung dabei. Das Amt des Zweiten Vorsitzenden bekleidet Bernd Oldewurtel (Kapitän zur See a.D.), Schatzmeister ist Heinrich Ripke (pensionierter Landmaschinen-Ingenieur), Schriftführer ist Thomas Grebien (Bänker), Beisitzer sind Mandy Baer (Sozialpädagogin), Klaus Dygutsch (Bau-Ingenieur) als Planer und Baumeister, Norbert Sieben (Elektro-Ingenieur beim NDR), Dr. Sigurd Zillmann (Ministerialrat a.D.), Detlev Loch (Techniker bei der Lufthansa i.R.) sowie Kai Rösick (Umweltamt der Stadt Kiel). Zu nennen sind z.B. auch Lisette und Torsten Mann als Gruppenkoordinatoren und Pfleger der Homepage. Rund zwanzig Männer und Frauen gehören ebenfalls zum festen aktiven Kern dazu. Es sprengt den Rahmen, um alle Namen zu nennen, aber ihnen allen gebührt großes Lob.
Wie gut, dass Eberhard von Bodendiek und sein fleißiges Team sich von Herzen für die Turmhügelburg einsetzen. Es wäre schade, wenn es diese wertvolle Quelle unserer Geschichte nicht gäbe.
16. August 2014, Ostholsteiner Anzeiger, Text und Fotos Alexander Steenbeck
"Gehören Sie zu den Ewig-Gestrigen?", fragt ein Besucher und mustert Jörn Michaelsen von oben bis unten. Denn wie ein Urlauber sieht der Itzehoer zurzeit nicht aus: einfache Lederschuhe, Wadenwickel, eine Leinenpluderhose und eine Tunika. Alles in allem eine Landsmannstracht wie vor gut 1000 Jahren.
"Das hat nichts mit Romantik zu tun", entgegnet Michaelsen, der zusammen mit seiner Frau, seinen drei Kindern und Kindern von Bekannten hier Urlaub im Mittelalter macht. Zweieinhalb Wochen lebt der promovierte Jurist im Gesindehaus an der Turmhügelburg und erklärt Besuchern der Museumsanlage das Mittelalter. Zumindest den Teil, der Michaelsen fasziniert - die Ottonenzeit, also die Zeitspanne von etwa 919 bis 1024, auch als Frühmittelalter bezeichnet. Als Mitglied des Vereins "Lebendige Geschichte" möchte sich Michaelsen "einem authentischen Leben annähern." Also versuchen so zu leben, wie die Ottonen vor gut 1000 Jahren. Das fängt bei der Kleidung an und hört beim Kochen auf.
Bei letzterem wird genau darauf geachtet, dass nur Mittelalterliches auf den Tisch kommt - somit keine Kartoffeln, Tomaten oder Mohrrüben. Denn die gab es damals noch nicht. Die Bekleidung ist nach historischen Funden oder Vorlagen handgenäht. Die Werkzeuge zur täglichen Arbeit Originalen nachempfunden. "Die persönliche Erfahrung ist der beste Lehrmeister", sagt Michaelsen.
Allerdings ist der Tagesablauf nicht ganz so authentisch, gibt Michaelsen zu. Ansonsten müssten sie jeden Tag um vier Uhr aufstehen, das Vieh futtern, mit dem sie im Gesindehaus unter einem Dach wohnen würden, mit dem Kochen beginnen, tagsüber hart arbeiten und mit dem Sonnenuntergang schlafen gehen. Aber schließlich sei ja Urlaub, gibt Michaelsen zu bedenken. Den Tagesrhythmus geben in Lütjenburg die Besucher der Anlage vor. Gegen 9 Uhr kommen die ersten, gegen Abend gehen die letzten.
Zwischendrin wird das Mittelalter gelebt und erklärt.
"Viele Menschen haben vom Mittelalter die romantische Sichtweise des 19. Jahrhunderts vor Augen", sagt Michaelsen. Das der Ritter in voller Rüstung herumschlenderte, sich mit dem Nachbar-Ritter duellierte und abends dem Burgfräulein etwas auf der Laute vorklimperte, sei Teil der "Ritterromantik", die auch auf vielen Mittelalter-Märkten vorherrsche, sagt Michaelsen. "Viele Menschen wollen sich verstärkt auf Ritterlichkeit und Ehrbarkeit zurückbesinnen", bestätigt Bernd Oldewurtel, 2. Vorsitzender des Vereins "Gesellschaft der Freunde der mittelalterlichen Burg in Lütjenburg", die Beobachtung von Michaelsen. Viele Menschen wollten so dem Wertverlust der heutigen Gesellschaft entgegentreten, vermutet Oldewurtel. Sowohl der Turmhügelburg-Verein als auch die Mitglieder des bundesweiten Vereins "Lebendige Geschichte" wollen sich aber fundiert mit dem Mittelalter beschäftigen. Alles sei archäologisch oder durch Dokumente belegt. Wie auch bei der zweiten deutschen Meisterschaft im Steinschleudern am 16. August rund um die Lütjenburger Museumsanlage, bei denen auch Michaelsen antreten möchte. Noch bis zum bis 22. August bewohnen die Ottonen die Turmhügelburg und freuen sich auf interessierte Besucher. Die können dann erfahren, dass das damalige Leben viele Entbehrungen bereithielt - von Krankheiten und kriegerischen Auseinandersetzungen einmal abgesehen.
14. Juli 2014, Ostholsteiner Zeitung, Text und Foto A. Gothsch
Larissa und Sven Tietge fertigen Mobiliar und Kleidung selbst an
Dass das Hobby mit so viel Arbeit verbunden sein würde, hatten Larissa und Sven Tietge aus Tornesch (Kreis Pinneberg) anfangs nicht geahnt. Als Tagesmutter hatte Larissa über die Eltern, deren Kind sie betreute, von der Gruppe "Freie Söldner zu Uetersen" erfahren und war mit ihrem Mann einer Einladung zum Treffen der Mittelalter-Fans gefolgt.
"Das hat uns gefallen und Spaß gemacht. Nach einigen weiteren Zusammenkünften waren wir infiziert", berichtet Larissa Tietge lachend. Inzwischen kommt sie mit ihrem Mann Sven und den beiden Söhnen Jeremy (13) und Jayden (7) seit vier Jahren regelmäßig zu den großen Festen nach Lütjenburg. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Tornescher Gruppe schlagen sie dann für ein Wochenende ihre weißen Zelte auf.
Bei dem Mobiliar - Tische, Bänke, Hocker und Truhen sind alle aus Holz aufwendig selbst gefertigt - könnte so mancher Campingfreund neidisch werden. Auch die sonstigen Utensilien wie Geschirr und Handwerkszeug sind fast alle selbst hergestellt oder gegen Selbstgefertigtes eingetauscht. "Es dauert damit aber auch seine Zeit, bis alles auf- und abgebaut sowie sicher verstaut ist", erläutert Sven Tietge, der gerade an einem gepolsterten Ledermantel näht, wie er früher als Schutzkleidung im Kampf genutzt wurde.
Auch seine Frau hat sich vor allem dem Nähen und Besticken der möglichst stilechten Gewandung für die ganze Familie verschrieben. "Da geht richtig viel Zeit drauf, aber es macht auch großen Spaß." Den haben auch Jeremy und Jayden, denn schließlich ist das Mittelalterlager ein großer Abenteuerspielplatz, bei dem sie viele ihrer Freunde wiedertreffen.
Vergnügliche Stunden hatten auch die schätzungsweise mehr als 2000 Tagesbesucher, die am Wochenende auf das Gelände der Turmhügelburg strömten. Denn an allen Ecken gab es Lustiges oder Interessantes zu entdecken, angefangen von authentischer Handwerkskunst über ritterliche Schaukämpfe und die Vorführungen einer Falknerin mit Adlern, Falken, irischen Wolfshunden und Pferden bis hin zu Musik und Tanz sowie Märchen und Geschichten für Erwachsene und Kinder.

05. Juli 2014, Schöne Ferien, Text und Fotos A. Gothsch
Eine Zeitreise, die authentischer kaum möglich ist, bieten die Mitglieder der "Gesellschaft der Freunde der mittelalterlichen Burg in Lütjenburg" den Besuchern der Turmhügelburg.
Die Rekonstruktion eines Wehrgehöftes aus der Zeit um 1250 im Lütjenburger Nienthal ist seit seiner Eröffnung 2003 nicht nur Touristenattraktion und Magnet für Mittelaltergruppen aus ganz Deutschland, Skandinavien oder dem Baltikum, sondern die Anlage mit ihren überzeugenden Details imponiert auch Experten der Vor- und Frühgeschichte. Denn das Team um Klaus Dygutsch, Planer und Baumeister, Michael Röhlk und Heinrich Oelerich hat ein sehr umfangreiches Quellenstudium betrieben, um herauszufinden, wie eine solche Anlage ausgesehen haben könnte, welche Materialien und Handwerkstechniken genutzt wurden.
Kernstück des Areals und weithin sichtbar ist der auf einem Hügel stehende Turm aus Eichenholz als Nachbau einer mittelalterlichen Fluchtburg. Zusätzlich geschützt durch einen fast sieben Meter breiten Wassergraben diente er Rittern und Gesinde bei Gefahr als Zufluchtsort.
Der Turm ist zugleich das Herzstück von Klaus Dygutsch, denn das aufgeständerte und nach historischem Vorbild eingemottete Bauwerk hatte am meisten Kopfzerbrechen und Aufwand gekostet. Von Planungsbeginn an bis heute schätzt der erfahrene Bauingenieur seinen Zeitaufwand für das Projekt Turmhügelburg auf durchschnittlich fünf Stunden täglich. "Alle Planungen mussten und müssen dem archäologischen Landesamt vorgelegt werden, denn unser Anspruch an Authentizität prägt sämtliche Arbeiten", berichtet Dygutsch.
Unterhalb des Holzturms breitet sich die Burganlage aus, unter anderem mit Frischwasserbrunnen, Schmiede, Gesindehaus, Wohnhaus des Ritters, Wohn-und Stallgebäude, Wirtschaftsgebäude, Kornspeicher, Kapelle, Backhaus mit Lehmbackofen, Turnierplatz, Kräuter- und Gemüsegarten sowie einem Bienenhaus.
Als Burgherr "Eberhard von Bodendiek" hat Vereinsvorsitzender Hartmut Eller ein wachsames Auge auf das, was hier geschieht. Sein "Gesinde" umfasst aktuell genau 405 Vereinsmitglieder. Regelmäßig rücken viele von ihnen aus ganz Deutschland an, um die Burg zu beleben und den Besuchern zu zeigen, wie im Mittelalter gearbeitet, gehandelt, gekämpft, gekocht oder gefeiert wurde. Zum harten Kern seiner Mitstreiter gehören die rund 20 Frauen und Männer von "Bodendieks Gesinde" aus Kiel, die am häufigsten an der Burg anzutreffen sind. Gut 30 Stunden pro Woche widmet jeder von ihnen dem anspruchsvollen Hobby, zu dem auch viel Recherche in historischen Quellen und Kontaktpflege zu anderen Mittelaltergruppen gehören.
Für das Wikinger-Lager zu Pfingsten oder die "Mittelalterey" jetzt im Juli hat sich inzwischen ein Stamm-Teilnehmer-Kreis von Darstellern herausgebildet. "Anders als bei anderen Veranstaltern zahlen wir keinen Cent, sondern haben eher noch Ansprüche: die Gewandung und die Zelte müssen zu uns passen, zum Verkauf darf lediglich Selbstgefertigtes angeboten werden", nennt der Burgherr Beispiele. "Dennoch kommen die Leute immer gern zu uns, es gibt sogar schon Wartelisten."
Heinrich Oelerich ist mit seinen 88 Jahren das älteste aktive Vereinsmitglied und einer der zehn engagierten Burgenführer. Mindestens 300 Führungen bestreitet das Team übers Jahr verteilt. Rund anderthalb Stunden dauert ein Rundgang, doch bei Heinrich Oelerich wird es nicht langweilig. Der ehemalige Leiter der früheren Realschule in Lütjenburg weiß genau, wie er die Zuhörer fesseln muss, wenn er über das Leben unserer Vorfahren spricht und beispielsweise das Schubriegelschloss mit Pendel¬schlüssel an der Tür des Wohn-und Stallgebäudes erklärt.
10. Juni 2014, Ostholsteiner Zeitung, Text und Foto A. Gothsch
Buntes Fest rund um die Turmhügelburg mit Schaukämpfen und Handwerk
Dass die Wikinger wunderbare Bootsbauer waren, davon konnten sich am Pfingstwochenende erstmals auch die Besucher und Mitwirkenden des Wikinger-Lagers auf dem Gelände der Turmhügelburg im Lütjenburger Nienthal überzeugen. Denn Sebastian Hollatz aus Wismar, der mit seiner Familie und Freunden erstmals nach Lütjenburg gekommen war, hatte sein in mehr als 300 Arbeitsstunden selbst gebautes Wikingerboot mitgebracht. Der 6,30 Meter lange und 1,75 Meter breite Nachbau aus Lärchenholz, mit einem Kiel aus Eiche sowie dem selbst genähten und bemalten Rahsegel, mit dem der gelernte Bootsbauer auch schon auf der Nordsee unterwegs war, gehörte zu den wohl am meisten fotografierten Motiven inmitten des Lagers aus rund 120 Zelten.
Doch auch sonst gab es rund um die mittelalterliche Burg überall etwas zu bestaunen, auszuprobieren, zu lauschen oder zu kosten, denn die zwischen 300 und 400 Mitglieder der verschiedenen Wikinger-Gruppen aus ganz Norddeutschland zeigten ihr handwerkliches Geschick beim Schmieden, bei Arbeiten mit Holz oder Leder, beim Weben, Spinnen, Nähen und Sticken mit dem einfachen, für die Zeit der Wikinger oder des späteren Mittelalters typischen Handwerkszeug.
Angezogen vom köstlichen Duft war auch der Lehmbackofen stets dicht umringt, wenn Bäckermeister Reiner Petersen die runden Brotlaibe aus dem Inneren holte.
Die Kinder hatten ihren Spaß dabei, ausgerüstet mit Schild und Holzschwert den Erwachsenen bei ihren Schaukämpfen nachzueifern oder der Puppenspielerin Martje Haselbach zu lauschen, die mit den Figuren Ask und Embla witzige Parallelen zwischen der Wikinger- und der heutigen Zeit zog.
Erschienen im hein's magazin Ausgabe Juni 2014, Text Petra Gramkow / inpuncto werbung
An der Turmhügelburg in Lütjenburg ist auch außerhalb der regelmäßigen Veranstaltungen immer richtig viel los. Zum internationalen Museumstag machten sich etliche Besucher auf den Weg zur Motte nach Nienthal, aber auch schon in der gesamten Woche zuvor, vom 12. bis zum 17. Mai, hatten sich viele Interessierte eingefunden, um mittelalterliches Treiben live mitzuerleben. In der Anlage des Lütjenburger Freilicht-Museums gastierte nämlich die "Ritterschaft zur Wolfskuhle". Die rund 20 köpfige Gruppe von Frauen und Männern aus dem Westfälischen folgte den Spuren ihrer Vorfahren, die sich vor rund 800 Jahren als Siedler bei uns in Holstein niedergelassen haben.
Die "Wolfskuhler" haben sich auf die Darstellung eines Querschnitts durch die damalige Gesellschaft des frühen Hochmittelalters spezialisiert. Alle Mitglieder der Gruppe tragen Rüstungen und Gewandungen, die historisch belegt sind und in monatelanger Handarbeit selbst hergestellt wurden. Sie beschäftigen sich mit der Ausrüstung eines niedrigen Adligen, ebenso wie mit der Darstellung eines einfachen Bauern.
Die Ritterschaft wohnte, kochte, nähte, spann, webte und schmiedete in der Turmhügelburg wie in alten Zeiten. Bogenschießen und authentischer mittelalterlicher Kampf wurde geübt. Aber auch Kurzweil kam mit mittelalterlicher Musik und Tanz nicht zu kurz.
19.April 2014, Auszug aus den Kieler Nachrichten, Ulrich Metschies, Foto Paar
Leben wie im tiefsten Mittelalter
"Man muss schon ein bisschen verrückt sein", sagt Hartmut Eller, Vorsitzender des Vereins Gesellschaft der Freunde der mittelalterlichen Burg in Lütjenburg. In Burgherrentracht steht der 73-jährige ehemalige Berufssoldat vor der authentischen Rekonstruktion eines Wehrgehöftes aus der Zeit um 1250. Entlegen genug von Straße und Häusern, um die Mittelalter-Illusion perfekt zu machen - sieht man einmal von dem Toilettenhäuschen mit Duschen ab, für die die Gäste bei aller Vergangenheitsliebe dankbar sind. Etwa die 400 Vereinsmitglieder, die regelmäßig aus ganz Deutschland anreisen, um in der Burg zu arbeiten und zu leben wie im tiefsten Mittelalter, oder die Besucher der Mittelaltermärkte. Die Rekonstruktion der Burganlage im Lütjenburger Nienthal ist nicht nur eine Touristenattraktion, sondern imponiert auch Experten der Vor- und Frühgeschichte. 2,4 Millionen Euro sind hier bislang verbaut worden, 40 Prozent der Gelder kamen aus Brüssel. 2003 wurde die Turmhügelburg eröffnet, seither kamen viele neue Gebäude hinzu: Burganlage, Wohn-, Stall- und Wirtschaftsgebäude, ein Wohnhaus des Ritters, Speicher und Backhaus. Der Burgherr hat weitere Pläne, für die er auf EU-Hilfe setzt. So soll für 500 000 Euro ein zusätzliches Museumsgebäude entstehen.

02./03.März 2014, Lübecker Nachrichten, Regine Ley, Fotos Lutz Roeßler
Schleswig-Holstein, das Land zwischen den Meeren, war einst Burgenland: Das zeigt die Rekonstruktion einer mittelalterlichen Turmhügelburg bei Lütjenburg.
Herrenhäuser und Gutssitze sind ein jahrhundertealtes Geschichts- und Kulturgut des Landes – aber Burgen? Schleswig-Holstein ist, sieht man einmal ab von der sanft schwingenden Endmoränenlandschaft Holsteins, doch eher flach, wo mögen die Burgen gestanden haben? Hartmut Eller zeigt ins Nienthal bei Lütjenburg, lächelt und sagt: "Hier zum Beispiel."
Aus der Niederung erhebt sich auf einem aufgeworfenen Grashügel ein auf den ersten Blick recht wehrhaftes Türmchen, umgeben von einem Wassergraben: die Turmhügelburg Lütjenburg. Der konische Turm aus schwerem Eichenholz ist der Nachbau einer mittelalterlichen Fluchtburg neben einer Burganlage mit Schmiede, Gesindehaus, Backhaus, Wirtschaftsgebäude, Kornspeicher, Kapelle, Turnierplatz, Kräuter- und Gemüsegärten, dem Wohnhaus des Ritters und einem Frischwasserbrunnen. "So könnte ab dem12. Jahrhundert, zur Herrschaftszeit der Schauenburger Grafen in Holstein, der Wohnsitz eines adligen Ritters ausgesehen haben", erklärt Hartmut Eller. "Im Turm haben die Rittersleute und das Gesinde sich gegen Angreifer verschanzt. Das war sein einziger Zweck. Das tägliche Leben spielte sich in der Vorburg ab."
Burgherr und Gesinde
Der pensionierte Berufssoldat ist Vorsitzender der "Gesellschaft der Freunde der mittelalterlichen Burg in Lütjenburg" – und somit heute Burgherr der Anlage und Mitinitiator des Nachbaus, der mit Geldern der EU und Unterstützung durch Stiftungen und Spenden finanziert und 2003 fertig gestellt wurde. "Eberhard von Bodendiek" nennt er sich in seiner Funktion als Burgherr mit einem Gesinde von rund 400 Vereinsmitgliedern, das regelmäßig aus ganz Deutschland anrückt, um in der Burg zu arbeiten Und zu leben wie im tiefsten Mittelalter. Das so finster gar nicht war, wie die Mittelaltermärkte zeigen, die hier mehrmals im Jahr stattfinden.
Regelmäßige Führungen und Vorträge erhellen zudem den Blick auf das damalige Leben im Hinterland der Ostseeküste. Mehr als 400 Burgen in der Art der Turmhügelburgen hat es in Schleswig-Holstein gegeben, allein 90 in den Kreisen Plön und Ostholstein. Davon zeugen zahlreiche archäologische Funde in der Umgebung, die Auskunft geben über Baumaterialien, Architektur und Funktion der Gebäude.
Warme Füße für den Ritter
Angelegt wurden die Turmhügelburgen in Niederungen in der Nähe eines Baches, der den Wassergraben speiste; den Hügel für den Turmbau schüttete man aus dem Aushub des Grabens auf. Die Vorburg lag etwas höher und trockener, und ein zentraler Brunnen lieferte Trinkwasser. Die Gebäude wurden auf schwere Feldsteine und ein stabiles Ständerwerk aus Eichenholz gesetzt mit Wänden aus Balken, Lehm oder Backstein. Das Gesinde wohnte in direkter Nachbarschaft zum Vieh und schlief rund um die offene Feuerstelle. Der Ritter lebte mit seiner Familie wesentlich komfortabler in einem Haus mit eingebauter Fußbodenheizung – sie konnte durch abnehmbare Klappen in den Bodenziegeln reguliert werden.
Die Turmhügelburgen waren nahezu autarke Ansiedlungen: Was zum Leben gebraucht wurde, stellten die Bewohner selbst her: Sie hielten Nutzvieh, bewirtschafteten Felder und den Wald, gerbten Leder, webten Stoff, backten Brot; der Schmied formte das Werkzeug in seiner Esse, beschlug die Pferde und schmiedete Waffen, Helme und Schilde. Dass sie im Falle eines Angriffs wehrhaft waren, lag in der Verantwortung des Burgherren. Und sollten die Angreifer dennoch übermächtig sein, blieb immer noch der Rückzug mit Mann und Maus in den Fluchtturm hinterm Wassergraben. Das harte Eichenholz war praktisch nicht in Brand zu setzen, und der Eingang im Obergeschoss ließ sich nur über eine Leiter erreichen – eine wahre Trutzburg, klein, aber effektiv.
Turmhügelburg Lütjenburg
2,4 Millionen Euro Finanzierung durch EU-Gelder, Stiftungsgelder und Spenden stecken in der 2003 eröffneten Turmhügelburg. Der Verein plant ein zusätzliches Museumsgebäude für rund 500 000 Euro.
Führungen finden von Mai bis September jeweils mittwochs, samstags und sonntags um 15 Uhr statt. Der Verein bittet dafür um ein "Burgopfer" von 2 Euro (Kinder), bzw. 3 Euro.
Mittelalterliche Veranstaltungen wie zum Internationalen Museumstag am 18. Mai gibt es mehrmals im Jahr.